Toleranzen in der additiven Fertigung
Richtwerte, Empfehlungen und Design‑Tipps für präzise 3D‑Druckteile.
Richtwerte (kurz & kompakt)
- Allgemein: ±0,2 mm oder ±0,2 % vom Nennmaß (günstigstes aus beiden). Kleine Features dominieren oft den Fehler.
- Bohrungen/Passungen: gedruckt meist zu klein; für Passung reiben/aufbohren oder Übermaß einplanen (+0,2–0,4 mm je Ø).
- Wandstärken: ≥0,8–1,2 mm (werkstoff‑ und verfahrensabhängig). Dünner nur nach Prüfung.
- Geradheit/Ebenheit: von Bauteilgröße, Lage & Ausrichtung abhängig; bei großen, flachen Flächen Verzug berücksichtigen.
- Serienfähigkeit: SLS/MJF liefern die stabilsten Wiederholgenauigkeiten; FDM/FFF stärker richtungsabhängig.
Verfahrensspezifische Toleranzen
FDM/FFF (Thermoplast‑Extrusion)
- Richtwert: ±0,2 mm oder ±0,2 %.
- Einflussfaktoren: Layerhöhe, Düsendurchmesser, Materialschwindung (z. B. ABS/ASA > PLA/PETG), Bauteilorientierung.
- Tipps: Bohrungen 0,2–0,4 mm größer anlegen oder nachbohren; Gewinde lieber schneiden oder Messing‑Einsätze verwenden.
SLA/DLP (Harz, Photopolymer)
- Richtwert: ±0,15–0,2 mm (kleine Bauteile teils besser).
- Einflussfaktoren: Aushärtung/Schrumpf, Stützabdrücke, Nachhärtung.
- Tipps: Dünne, lange Geometrien neigen zu Verzug; Maßflächen stützfrei halten oder nachbearbeiten (schleifen/reiben).
SLS/MJF (Pulverbett, Polyamid)
- Richtwert: ±0,2 mm oder ±0,2 % (gute Wiederholgenauigkeit).
- Einflussfaktoren: Bauteilmasse/Heizprofil, Lage im Bauraum, Nachkonditionierung.
- Tipps: Für Passungen Freimaße (Spiel) von 0,2–0,4 mm vorsehen; bewegliche Gelenke ≥0,3 mm Spalt.
Resümee
- Funktionale Passungen: Im Druck vorsehen und gezielt nacharbeiten (reiben/bohren/fräsen) für hohe Genauigkeit.
- Seriengenauigkeit: Für Bauteile mit vielen Bezugsmaßen empfiehlt sich SLS/MJF oder CNC‑Nacharbeit definierter Flächen.
Design‑Empfehlungen
- Passungen: Einpress‑/Einlegeinsätze für FDM; bei SLS/MJF Spiel 0,2–0,4 mm für Steckungen.
- Bohrungen: Konstruktiv 0,2–0,4 mm größer (FDM) oder nachbearbeiten; Gewindekerne für Gewindeschneiden einplanen.
- Wände/Stege: FDM ≥1,2 mm, SLA ≥0,8 mm, SLS/MJF ≥1,0 mm als konservative Startwerte.
- Verzug: Große, flache Flächen vermeiden oder versteifen (Sicken/Rippen); asymmetrische Wandstärken ausgleichen.
- Ausrichtung: Kräfte quer zur Layer‑Richtung einleiten; schichtparallele Zugbelastung vermeiden (FDM besonders relevant).
- Fillets/Fasen: Spannungen reduzieren, Kanten bruchunanfälliger – 0,5–1 mm Radien als Standard.
Messtechnik & Qualität
- Bezug: Maße auf definierte Referenzen beziehen (z. B. Grundflächen); Messunsicherheiten sind bauteil- und verfahrensabhängig.
- Oberfläche: Rauheit je Verfahren unterschiedlich (FDM sichtbare Layer, SLA glatter, SLS matt‑sandig) – Messmittel anpassen.
- Protokolle: Auf Wunsch Messberichte (taktile/optische Messung) und Referenzteile zur Serienfreigabe.